Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 15. Januar 2025 – 5 AZR 284/24) stärkt die Position der Arbeitgeber, die Zweifel an aus Ländern außerhalb der EU stammen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Ihrer Mitarbeiter haben.
Insbesondere wenn es um die Verlängerung des Urlaubs durch eine Krankschreibung geht, die dann mit Entgeltfortzahlung kombiniert wird, fühlen sich viele Arbeitgeber benachteiligt. Das BAG entschied, dass Arbeitgeber bei Zweifeln an der Authentizität von Krankschreibungen aus dem Ausland die Möglichkeit haben, die Umstände genauer zu prüfen. Wenn es Anhaltspunkte gibt, die zwar im Einzelfall harmlos erscheinen, aber insgesamt Zweifel am Wert des Attests aufwerfen, kann der Beweiswert der Bescheinigung erschüttert werden.
Hintergrund des Falles
In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall verlangte ein Mitarbeiter nach einer Krankschreibung eines Arztes aus einem Nicht-EU-Land, die sich unmittelbar an den Urlaub anschloss, Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber. Der Arbeitgeber verweigerte jedoch die Zahlung, weil er an der Echtheit der Krankschreibung zweifelte. Der Fünfte Senat des BAG entschied, dass in solchen Fällen der Arbeitgeber berechtigt ist, die Bescheinigung zu hinterfragen und die Sache erneut zu prüfen. Der Fall wurde an das Landesarbeitsgericht München zurückverwiesen.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts
Tendenzen in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung gehen dahin, den sehr hohen Beweiswert von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, von Arbeitgebern erschüttern zu lassen, wenn durch eine Gesamtbewertung der Umstände Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des betroffenen Arbeitnehmers bestehen. Umstände können dabei im Rahmen der Gesamtbetrachtung auch dann zu Zweifeln führen, wenn diese für sich betrachtet, unverfänglich sein mögen, aber in der Gesamtschau ernsthafte Zweifel am Beweiswert der Bescheinigung begründen. Den Arbeitnehmer trifft dann im Rahmen der sekundären Darlegungslast eine Darlegungspflicht.
Der Entscheidung des BAG zugrunde lag ein Fall, in dem der Arbeitnehmer und Kläger sich während seines Urlaubs eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von einem nicht in der EU ansässigen Arztes (Tunesien) ausstellen ließ. Nach Angaben des Arztes war strenge häusliche Ruhe angemahnt und mangelnde Reisefähigkeit des Arbeitnehmers bescheinigt worden. Eine Wiedervorstellung war trotz 24-tägiger Krankschreibung nicht angeordnet worden. Der Arbeitnehmer reiste kurz nach Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und damit während der angeblich mangelnden Reisefähigkeit nach Deutschland zurück und legte nach Ablauf der angeblichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit eine von einem deutschen Arzt ausgestellte Erstbescheinigung über weiterhin bestehende Arbeitsunfähigkeit vor. Der Arbeitnehmer hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach im zeitlichen Zusammenhang mit seinem Urlaub Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt. Der Arbeitgeber lehnte die Entgeltfortzahlung ab. Mit der beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrte der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung.
Bedeutung des Urteils für die (zahn-) ärztliche Praxis
Das Urteil reiht sich ein in eine Zeit, in der in Deutschland eine aktuelle Diskussion über steigende Krankenstände und sinkende Produktivität geführt wird, wobei von Teilen der Wirtschaft auch die Wiedereinführung von Karenztagen angeregt wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es durchaus lohnenswert sein kann, die Umstände des Einzelfalls bei auffälligen Arbeitsunfähigkeiten von Arbeitnehmern zu betrachten.
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